Freiheitsstrafe: Fußballfan würgt Polizeibeamten an den Rand der Bewusstlosigkeit

Der etwa 100 kg schwere Fußballfan sprang einen Polizeibeamten von hinten an, legte seinen rechten Unterarm um seinen Hals und zog den Würgegriff mit voller Kraft zu. Der Beamte versuchte erfolglos den Angreifer abzuschütteln und geriet durch das Abschneiden der Luftzufuhr an den Rand der Bewusstlosigkeit und in Todesangst.

Der Sachverhalt

Als Anhänger des Düsseldorfer Vereins nach Spielende vor ihrer Heimreise auf einem Bahnsteig des Essener Hauptbahnhofs darauf aufmerksam wurden, dass Beamte der Bundespolizei bei einem der Düsseldorfer Fans eine Identitätsfeststellung wegen des Verdachts einer Straftat durchführten, versuchten sie, diese Maßnahme zu verhindern und „ihren Fankollegen zu befreien“.

Fußballfan würgt Polizeibeamten an den Rand der Bewusstlosigkeit

Als der Polizeibeamte einen Düsseldorfer Fan, der gerade im Begriff war, einen anderen Bundespolizisten zu treten, mit seinem Schlagstock auf den Oberschenkel schlug, sprang ihn der etwa 100 kg schwere Angeklagte von hinten an, legte seinen rechten Unterarm um seinen Hals und zog den Würgegriff mit voller Kraft zu. Der Polizeibeamte, der dessen Annäherung nicht bemerkt hatte, versuchte erfolglos, diesen abzuschütteln, geriet dabei ins Stolpern und fiel mit dem Angeklagten zu Boden, der gleichwohl seinen Würgegriff über einen Zeitraum von 15-20 Sekunden mit voller Kraft fortsetzte. Der Nebenkläger geriet durch das Abschneiden der Luftzufuhr an den Rand der Bewusstlosigkeit und in Todesangst.

Er konnte erst durch das Eingreifen weiterer Polizeibeamter aus dem Würgegriff befreit werden. Der Angeklagte handelte in der Vorstellung, der Nebenkläger könnte infolge seiner potentiell lebensgefährlichen Handlung zu Tode kommen und nahm dies billigend in Kauf. Der Nebenkläger erlitt u.a. erhebliche Verletzungen im Halsbereich. Das Landgericht hat angenommen, dass der leicht intelligenzgeminderte Angeklagte wegen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit handelte.

Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren

Das Landgericht Essen hatte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers, eines Polizeibeamten, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie den Vorwegvollzug von einem Jahr der verhängten Freiheitsstrafe angeordnet. Gegen dieses Urteil wendeten sich der Angeklagte.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr im Beschlusswege die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten als im Wesentlichen unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

Freiheitsstrafe von sechs Jahren ist rechtskräftig

Insbesondere hält die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, als er den Nebenkläger während der Vornahme einer Diensthandlung über einen Zeitraum von 15 bis 20 Sekunden mit voller Kraft mit beiden Armen im Würgegriff hielt, rechtlicher Nachprüfung stand. Die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe hat der Senat hingegen entfallen lassen. Die Verurteilung des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren ist damit rechtskräftig.

Gericht:
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2016 – 4 StR 474/15

BGH, PM 90/16
Rechtsindex – Recht & Urteile

Urteil: Gotteslästerung durch Aufkleber am Auto

Mit fortschreitendem Alter vertrat ein pensionierter Lehrer die Auffassung, dass Religion Humbug sei. Um die Bevölkerung in seinem Sinne aufzuklären, beklebte er die Heckscheibe seines Fahrzeugs mit verschiedenen Beschriftungen. Wegen zweier Sprüche erfolgte eine Strafanzeige.

Der Sachverhalt

Beanstandet wurde der Text: „Wir pilgern mit Martin Luther, Auf nach Rom! Die Papstsau Franz umbringen. Reformation ist geil – Papst umbringen.“ Anstoß fand auch der Text: „Kirche sucht moderne Werbeideen. Ich helfe. Unser Lieblingskünstler: Jesus – 2000 Jahre rumhängen. Und noch immer kein Krampf!“

Die Entscheidung des Amtsgerichts Lüdinghausen

Durch sein Verhalten hat sich der Angeklagte wegen des Beschimpfens von Einrichtungen von Religionsgemeinschaften gemäß § 166 Abs. 2 StGB in zwei Fällen strafbar gemacht. Der Angeklagte hat Einrichtungen im religiösen Bereich, nämlich das Papsttum sowie die Christusverehrung bzw. das Leiden Christi in einer Weise öffentlich beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Missachtung wird nach außen zum Ausdruck gebracht

Bei der Beschriftung bezüglich des Paptes wird das Papsttum durch den Angeklagten durch den rohen Ausdruck „Papstsau“ beschimpft, aber inhaltlich auch durch den Aufruf, den Papst umzubringen. Hierdurch wird das Lebensrecht und damit auch die Stellung des Kirchenoberhauptes aberkannt. Insgesamt kommt durch die Beschriftung eine Missachtung bzw. Nichtachtung in ganz krasser Form zum Ausdruck.

Bei der zweiten Beschriftung hat der Angeklagte die Christusverehrung bzw. die Leiden Christi beschimpft, da er Christus am Kreuz als zentrales Glaubenssymbol und als Gegenstand der Frömmigkeitsausübung lächerlich macht, sogar verhöhnt, und durch seinen Spott deutlich seine Missachtung nach außen zum Ausdruck bringt.

Störung des öffentlichen Frieden

Die Beschimpfungen erfolgten in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Dieses Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn das Vertrauen des Betroffenen in die Respektierung der religiösen Überzeugung erschüttert oder beeinträchtigt wird oder aber dass bei Dritten die Intoleranz gegenüber den Anhängern des beschimpften Bekenntnisses gefördert wird. Beides ist vorliegend der Fall. Wenn die Taten des Angeklagten ohne Ahndung blieben, können die betroffenen Christen nicht mehr darauf vertrauen, dass die Ausübung ihres Glaubens in Rechtssicherheit gewährleistet wird. Auch würde die Intoleranz bei Dritten gefördert, weil diese annehmen dürften, sich ähnliche Beschimpfungen erlauben zu können, ohne staatliche Sanktionen befürchten zu müssen. Es würde eine Verunsicherung entstehen, ob man noch frei von Ängsten in der Gemeinschaft mit seinem Glauben leben könne.

Meinungsfreiheit findet hier ein Ende

Sein Handeln ist nicht über das Grundrecht der Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs.1 Satz 1 GG gerechtfertigt. Die Meinungsfreiheit findet gemäß Artikel 5 Abs. 2 GG ihre Grenze in den allgemeinen Gesetzen und damit auch bei Verhaltensweisen, die gemäß § 166 StGB unter Strafe gestellt sind.

Strafmaß

Die für das Fehlverhalten des Angeklagten bestimmte Strafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 100 Euro konnte gemäß § 59 StGB unter Ausspruch einer Verwarnung vorbehalten bleiben. Da der Angeklagte nicht vorbestraft war, konnte erwartet werden, dass er auch ohne die Verurteilung zu der Strafe künftig keine Straftaten mehr begeht.

Gericht:
Amtsgericht Lüdinghausen, Urteil vom 25.02.2016 – 9 Ds-81 Js 3303/15-174/15

AG Lüdingshausen
Rechtsindex – Recht & Urteile

§ 184 d StGB und sexuelle Handlungen vor der Webcam

Ein Internet-User loggte sich mit seiner Webcam in den Chatroom eines sozialen Netzwerks ein, in dem bereits 18 weitere User online waren. Offensichtlich wollte sich der User nicht unterhalten, denn er entblößte sich vor der Kamera und begann damit, was andere nicht sehen wollten. Er wurde nach § 184 d StGB verurteilt. Zu Recht?

Der Sachverhalt

Der Angeklagte hatte sich mittels seines Computers über Internet in einem sozialen Netzwerk und dort in einem Chatroom eingeloggt, dessen Besonderheit darin bestand, dass sich die darin „chattenden“ Mitglieder und Gäste über ihre Webcam anderen Nutzern visuell zeigen konnten.

Als der Angeklagte seine Webcam aktivierte, waren etwa 18 weitere User in dem Chatroom anwesend. Darunter auch die Moderatorin, die beauftragt war, ob in dem Chat verbotene oder anstößige Inhalte verbreitet werden.

Der Angeklagte entblößte sich und begann zu onanieren, während seine Webcam auf seine Oberschenkel, sein Geschlechtsteil und seinen Oberkörper ausgerichtet war. Mindestens ein anderer Chatroom-Teilnehmer verfolgte diese Aktion und beschwerte sich bei der Moderatorin welche den Portalbetreiber aufmerksam machte, der die Übertragung nach eigener Anmeldung und Überprüfung sofort unterbrach.

Das Amtsgericht sprach den Angeklagten vom Vorwurf der Erregung öffentlichen Ärgernisses frei. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht das freisprechende Urteil auf und verurteilte den Angeklagten wegen der Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste nach § 184 d StGB zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 EUR. Dagegen legte der Angeklagte Rechtsmittel ein.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe

Das Rechtsmittel hat vorläufigen Erfolg. Der bloße Nutzer eines Internet Chatrooms ist jedenfalls dann kein tauglicher Täter im Sinne des § 184 d StGB, wenn er nicht in der Lage ist, auf die Dauer und die Modalitäten einer Live Übertragung im Sinne einer Tatherrschaft Einfluss zu nehmen.

Die Strafkammer des Landgerichts hat sich nicht mit der Frage befasst, ob der Angeklagte überhaupt als tauglicher Täter dieses Delikts in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift wird nach §§ 184 bis 184 c StGB nämlich nur bestraft, wer eine pornografische Darbietung durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste verbreitet (§ 184 d Satz 1 StGB). Bereits der gesetzliche Wortlaut der Vorschrift deutet darauf hin, dass als Täter dieses Delikts nur der für die Sendung Verantwortliche in Betracht kommt, im Hinblick auf Rundfunksendungen vor allem der Programmdirektor und der Redakteur, nicht aber die lediglich mit der technischen Ausführung betreuten Personen wie etwa der Kameramann. Gleiches gilt für Übertragungen im Internet.

Insoweit kommt nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift als Täter vor allem für die Ausstrahlung der Sendung verantwortliche Anbieter des Dienstes in Betracht, nicht aber Personen mit lediglich mittelbarem Bezug wie Autoren, Produzenten und Regisseure (vgl. MüKo-Hörnle, 1. Auflage 2012, § 184 d Rn. 9 m.w.N.; Schönke/Schröder/Eisele, StGB , 29. Auflage 2014, § 184 d Rn. 8). Dies gilt nach Ansicht des Senats vorliegend auch für den Angeklagten als einfachen Nutzer des Internet-Chatrooms, der aufgrund seiner Stellung nicht in der Lage war, auf die Dauer und die Modalitäten der Internet-Ausstrahlung im Sinne einer Tatherrschaft in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen, vielmehr oblag diese Kontrolle vollumfänglich dem Betreiber des Netzwerkes bzw. allenfalls der von diesem eigens eingesetzten Moderatorin. Da diese Personen mit der pornografischen Handlung des Angeklagten nicht einverstanden waren und ihn sogleich vom Netz nahmen, scheidet auch eine Ahndung unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe aus.

Soweit es die von der Staatsanwaltschaft im Strafbefehl angenommene Bewertung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Erregung öffentlichen Ärgernisses nach § 183 a StGB betrifft, wird sich das Landgericht jedoch mit der Frage des Vorliegens dieser Norm vor allem in subjektiver Hinsicht neu zu befassen haben.

Gericht:
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 29.03.2016 – 1 (3) Ss 163/15

OLG Karlsruhe
Rechtsindex – Recht & Urteile

Urteil Amtsanmaßung: Polizeikontrolle mit Blaulicht aus dem Internet

Ein 19-Jähriger kam gemeinsam mit einem Bekannten auf die Idee, Freunde mit falschen Polizeikontrollen zu ärgern. Dazu bestellte er sich im Internet ein Blaulicht und einen LED Blitzer. Mit seinem gemieteten PKW folgte er einem Bekannten, der von einem Zivilfahrzeug ausging und anhielt. Der falsche Polizist wurde nun verurteilt.

Der Sachverhalt

Der Fahrer ging davon aus, dass sich ein ziviles Dienstfahrzeug der Polizei hinter ihm befindet und er nun einer Verkehrskontrolle unterzogen wird. Er fuhr daraufhin an den rechten Fahrbahnrand und hielt dort an. Der 19-Jährige stoppte hinter dem Fahrzeug des Geschädigten und kam mit einer gelben Warnweste bekleidet an das Fahrerfenster des Fahrzeugs.

Durch das geöffnete Fahrerfenster verlangte er Führerschein und Fahrzeugpapiere. Der Fahrer kannte den Münchner jedoch von früher und wusste, dass er nicht bei der Polizei ist. Da er von der Aktion nicht viel hielt, fuhr er weiter und verständigte die Polizei von dem Vorfall.

Das Urteil des Amtsgerichts München

In der Sitzung am Amtsgericht München entschuldigte sich der Münchner bei seinem Bekannten. Um dem Angeklagten die strafrechtliche Bedeutung seines Verhaltens eindringlich zu Bewusstsein zu bringen, wurde die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.000.- an eine gemeinnützige Einrichtung auferlegt.

Strafe: 1000 Euro, 2-seitiger Aufsatz und 3-monatiges Fahrverbot

Da der Angeklagte Soldat werden möchte und die Tat und das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung darauf hindeuten, dass dieser zu einer Überschätzung von Machtsymbolen neigt, wurde er darüber hinaus zur Abfassung eines 2-seitigen Aufsatzes angewiesen zum Thema „Warum möchte ich Soldat werden? Was bedeutet mir die Uniform?“.

Da die Tat zudem eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers darstellt, wurde gegen ihn außerdem ein 3-monatiges Fahrverbot gemäß § 44 StGB verhängt, so das Urteil des Amtsgerichts München. Der Münchner war zudem einverstanden, dass das Blaulicht und der LED-Blitzer eingezogen werden.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 17.08.2016 – 1034 Ds 468 Js 178122/16

AG München, PM 85/16
Rechtsindex – Recht & Urteile

14 Jahre Haft nach Messerattacke auf Kölner Oberbürgermeisterin

Auf einer Wahlkampfveranstaltung im Oktober 2015 stach der Angeklagte der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker unvermittelt mit einem großen Bowiemesser in den Hals und verletzte sie lebensgefährlich. Vier umstehende Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Angeklagte wurde nun zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Aus den Entscheidungsgründen

Obwohl der Angeklagte den Geschädigten zum Teil schwere Verletzungen zugefügt und die Geschädigte Reker die Messerattacke nur knapp überlebt hat, hat der Senat von der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe abgesehen. Ausschlaggebend hierfür war insbesondere, dass die Geschädigte Reker ihre Verletzungen nahezu folgenlos überstanden und keine dauerhaften schweren Folgen zurückbehalten hat.

Außerdem hat der Senat strafmildernd berücksichtigt, dass die diagnostizierte Persönlichkeitsstörung des Angeklagten mitursächlich für den Tatentschluss war, wenngleich sie nicht dazu geführt hat, dass die Einsichtsfähigkeit oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten eingeschränkt war.

Nach den Feststellungen des Senats versuchte der Angeklagte, die damalige Kandidatin Henriette Reker heimtückisch zu töten. Damit wollte er ihre Wahl zur Oberbürgermeisterin der Stadt Köln verhindern und ein Zeichen gegen die – seiner Auffassung nach – in Deutschland verfehlte Politik, insbesondere gegen die Ausländer- und Flüchtlingspolitik, setzen. Gegen das Urteil kann das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2016 – III 6 StS 1/16

OLG Düsseldorf, PM
Rechtsindex – Recht & Urteile

Urteil: Beleidigende Äußerungen eines Anwalts gegenüber einer Richterin

Ein Rechtsanwalt faxte einen Schriftsatz an das Amtsgericht, in dem er der Richterin vorwarf, sie habe postpubertär wirkende Rachegelüste und sei entweder heillos überlastet oder maßlos arrogant. Dadurch soll er die Richterin in ihrer Ehre verletzt haben, was die Staatsanwaltschaft als Beleidigung verfolgt hat.

Der Sachverhalt

Der Rechtsanwalt verteidigte sich damit, dass man diese Bemerkungen im Gesamtkontext sehen müsse. Auf schriftliche Terminverlegungsgesuche habe man nicht reagiert. Telefonisch sei die Richterin nicht zu erreichen gewesen. Über ihre Geschäftsstelle habe es sogar geheißen, dass sie angeordnet habe, Telefongespräche zu ihr nicht durchzustellen.

Des Weiteren sei es in einem Verhandlungstermin vom 04.05.2015 zu einer Terminvertagung auf den Nachmittag mit unbestimmter Uhrzeit gekommen. Er habe nicht gewusst, wie lange er habe warten müssen. Darüber habe er sich sehr geärgert, insbesondere über das Verhalten der damals Vorsitzenden. Angekommen in seiner Kanzlei habe er eine schriftliche Terminnotiz gefertigt, in die die Formulierung eingeflossen sei. Später sei die Formulierung in der Terminnotiz unverändert in seinen Schriftsatz eingeflossen. Damit habe er sich zwar sicherlich hart, in der Sache aber sachlich veranlasst geäußert. Er habe keinen Ausdruck von Missachtung in herabsetzender Wirkung verwirklicht.

Das Urteil des Amtsgerichts Augsburg

Das Amtsgericht Augsburg (Urteil, Az. 19 Cs 400 Js 120055/15) hat den angeklagten Rechtsanwalt freigesprochen.

Die inkriminierten Äußerungen sind gefallen. Daran gibt es nichts zu rütteln. Dies ergibt sich aus dem Schriftsatz des Angeklagten. Das Gericht ist auch der Überzeugung, dass die Äußerungen jedenfalls isoliert betrachtet geeignet sind, Missachtung auszudrücken. Auch innerhalb des Zusammenhanges sind die Äußerungen sicherlich geeignet, eine Ehrverletzung darzustellen.

Fehlender Vorsatz des Angeklagten

Für das Gericht fraglich war allerdings der Vorsatz des Angeklagten. Er muss mit Beleidigungsvorsatz gehandelt haben. Hier ist seine Einlassung, dass man die Äußerungen im Gesamtkontext sehen muss, nicht zu widerlegen. Dass sich der Angeklagte aufgrund seiner Betrachtungsweise geärgert hat, war für das Gericht nachvollziehbar.

Inwieweit der Ärger berechtigt war, ist eine andere Frage. Er hat im Rahmen seiner Terminnotiz sicherlich zu einer drastischen Ausdrucksweise gegriffen. Warum diese unbedingt in den Schriftsatz einfließen musste, ist für das Gericht unerfindlich. Auf jeden Fall war dem Angeklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 193 StGB, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Es musste deshalb zugunsten des Angeklagten entschieden werden, mit der Folge, dass er freizusprechen war.

Rechtsgrundlagen:
§ 185 StGB, § 193 StGB

Gericht:
Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 16.12.2015 – 19 Cs 400 Js 120055/15

AG Augsburg
Rechtsindex – Recht & Urteile