Ein Rechtsanwalt faxte einen Schriftsatz an das Amtsgericht, in dem er der Richterin vorwarf, sie habe postpubertär wirkende Rachegelüste und sei entweder heillos überlastet oder maßlos arrogant. Dadurch soll er die Richterin in ihrer Ehre verletzt haben, was die Staatsanwaltschaft als Beleidigung verfolgt hat.

Der Sachverhalt

Der Rechtsanwalt verteidigte sich damit, dass man diese Bemerkungen im Gesamtkontext sehen müsse. Auf schriftliche Terminverlegungsgesuche habe man nicht reagiert. Telefonisch sei die Richterin nicht zu erreichen gewesen. Über ihre Geschäftsstelle habe es sogar geheißen, dass sie angeordnet habe, Telefongespräche zu ihr nicht durchzustellen.

Des Weiteren sei es in einem Verhandlungstermin vom 04.05.2015 zu einer Terminvertagung auf den Nachmittag mit unbestimmter Uhrzeit gekommen. Er habe nicht gewusst, wie lange er habe warten müssen. Darüber habe er sich sehr geärgert, insbesondere über das Verhalten der damals Vorsitzenden. Angekommen in seiner Kanzlei habe er eine schriftliche Terminnotiz gefertigt, in die die Formulierung eingeflossen sei. Später sei die Formulierung in der Terminnotiz unverändert in seinen Schriftsatz eingeflossen. Damit habe er sich zwar sicherlich hart, in der Sache aber sachlich veranlasst geäußert. Er habe keinen Ausdruck von Missachtung in herabsetzender Wirkung verwirklicht.

Das Urteil des Amtsgerichts Augsburg

Das Amtsgericht Augsburg (Urteil, Az. 19 Cs 400 Js 120055/15) hat den angeklagten Rechtsanwalt freigesprochen.

Die inkriminierten Äußerungen sind gefallen. Daran gibt es nichts zu rütteln. Dies ergibt sich aus dem Schriftsatz des Angeklagten. Das Gericht ist auch der Überzeugung, dass die Äußerungen jedenfalls isoliert betrachtet geeignet sind, Missachtung auszudrücken. Auch innerhalb des Zusammenhanges sind die Äußerungen sicherlich geeignet, eine Ehrverletzung darzustellen.

Fehlender Vorsatz des Angeklagten

Für das Gericht fraglich war allerdings der Vorsatz des Angeklagten. Er muss mit Beleidigungsvorsatz gehandelt haben. Hier ist seine Einlassung, dass man die Äußerungen im Gesamtkontext sehen muss, nicht zu widerlegen. Dass sich der Angeklagte aufgrund seiner Betrachtungsweise geärgert hat, war für das Gericht nachvollziehbar.

Inwieweit der Ärger berechtigt war, ist eine andere Frage. Er hat im Rahmen seiner Terminnotiz sicherlich zu einer drastischen Ausdrucksweise gegriffen. Warum diese unbedingt in den Schriftsatz einfließen musste, ist für das Gericht unerfindlich. Auf jeden Fall war dem Angeklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 193 StGB, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Es musste deshalb zugunsten des Angeklagten entschieden werden, mit der Folge, dass er freizusprechen war.

Rechtsgrundlagen:
§ 185 StGB, § 193 StGB

Gericht:
Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 16.12.2015 – 19 Cs 400 Js 120055/15

AG Augsburg
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