Ein deutsches Unternehmen für Elektro- und Elektronikartikel weist auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180-Nummer ist. Die Kosten für einen Anruf sind höher als die Kosten, die dem Verbraucher zu einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer entstehen würden.

Der Sachverhalt

Hintergrund ist eine Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale vor dem LG Stuttgart (Az. 1 O 21/15) gegen einen Elektro- und Elektronikhändler, der Verbrauchern, die mit diesem einen Vertrag abgeschlossen hatten, zur telefonischen Kontaktaufnahme eine kostenpflichtige 01805-Nummer angeboten hatte.

Die Wettbewerbszentrale sieht Verstoß gegen § 312a Abs. 5 S. 1 BGB

Nach § 312a Abs. 5 BGB ist eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag höhere Kosten zu zahlen, als die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes, unzulässig. Die Vorschrift dient der Umsetzung der EU-Verbraucherrechtelinie (Art. 21 VRRL), wonach der Verbraucher nicht verpflichtet werden darf, für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif zahlen müssen. Für die Kontaktaufnahme musste der Verbraucher jedoch 14 Cent/Minute aus dem Festnetz bzw. max. 42 Cent/Minute aus dem Mobilfunknetz zahlen.

Der Begriff „Grundtarif“ ist allerdings weder in der VRRL noch in anderen europäischen Reglungen definiert. Das Landgericht Stuttgart hatte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (ABl. 2011, L 304, 64) der Anwendung eines derartigen Tarifs entgegensteht.

Die Ansicht des Generalanwalts

In seinen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Maciej Szpunar dem Gerichtshof vor, diese Frage zu bejahen. Generalanwalt Szpunar weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie dafür sorgen müssen, dass ein Verbraucher nicht verpflichtet ist, mehr als den „Grundtarif“ zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag eingerichtet hat.

Keine höheren Kosten als die üblichen Kosten

Das bedeutet nach Ansicht des Generalanwalts, dass das dem Verbraucher in Rechnung gestellte Entgelt nicht höher sein darf als das Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis. Daher dürfen dem Verbraucher keine höheren Kosten entstehen als die üblichen Kosten, die ihm für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunknummer entstanden wären.

Denn eine Gebühr, die höher ist, als sie für eine gewöhnliche Telefon verbindung anfällt, wäre wegen der dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten dazu angetan, den Verbraucher davon abzuschrecken, bei Fragen z. B. zum Liefertermin, zur Rechnungsstellung oder zur Gewährleistung mit dem Unternehmer Kontakt aufzunehmen. Nach Ansicht des Generalanwalts gilt für den telefonischen Servicedienst die unwiderlegbare Vermutung, dass er in dem vom Verbraucher bereits bezahlten Preis enthalten ist, so dass die Benutzung einer überteuerten Rufnummer dazu führen würde, dass der Verbraucher für ein und denselben Service zusätzliche Kosten tragen müsste.

Generalanwalt Szpunar stellt außerdem fest, dass die Frage, ob der Unternehmer einen Teil des vom Verbraucher entrichteten Entgelts erhält oder nicht, für die von ihm vorgeschlagene Antwort ohne Bedeutung ist.

Gericht:
EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-568/15 vom 10.11.2016

Wettbewerbszentrale, EuGH PM 124/16
Rechtsindex – Recht & Urteile