Beleidigung – All cops are bastards (ACAB) als Tätowierung

Ein 19-Jähriger wurde von Polizeibeamten erwischt, wie er am Bahnhof ein Fahrrad stehlen wollte. Auf der Wache verlangte er, dass er von den unnötigen Polizisten sofort nach Hause gefahren werde. Einen Polizisten beleidigte er, indem er seine Unterlippe herunterzog, auf der „ACAB“ tätowiert war.

Der Sachverhalt

Der 19-jährige Angeklagte hatte sein Handy verloren und durch die Suchaktion seinen Bus verpasst. Um möglichst schnell nach Hause zu kommen, suchte er am Bahnhof nach unabgesperrten Fahrrädern. Schließlich fand er ein Damenfahrrad (Wert: 200€), nahm es aus dem Ständer und wollte damit wegfahren.

Dabei wurde er von einem Polizisten beobachtet, der ihn aufhielt. Da er sich nicht ausweisen konnte, verbrachten ihn die Polizeibeamten auf die Wache, wo seine Personalien festgestellt werden sollten. Er zeigte sich gegenüber den Beamten völlig unbeeindruckt, uneinsichtig und ablehnend.

All cops are bastards (ACAB)

Er wollte nach Hause gefahren werden. Als die Beamten dies ablehnten, gab er ihnen lautstark zu verstehen, dass es sein Recht sei, von unnötigen Polizisten heimgebracht zu werden. Einer der Polizeibeamten begleitete den 19-Jährigen nach draußen vor die Wache. Dort beleidigte der Angeklagte den Geschädigten, indem er mit seiner linken Hand seine Unterlippe herunterzog und mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den in der Lippeninnenseite eintätowierten Schriftzug „ACAB“ deutete und hierbei sagte „Das sind Sie“.

Die Entscheidung des Amtsgericht München

Vor dem Gericht zeigte sich der Angeklagte einsichtig und bereute seine Tat. Der Richter des Amtsgerichts München verurteilte ihn wegen Diebstahls und Beleidigung zu 48 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Außerdem muss er einen Entschuldigungsbrief an den Polizeibeamten schreiben.

Das Gericht wendete auf ihn Jugendstrafrecht an, da er eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenen gleichzusetzen sei. Er lebt noch zuhause, verfügt über keine abgeschlossene Schulausbildung und er wurde zur Hauptverhandlung auch von beiden Elternteilen begleitet, was zeigt, dass der Angeklagte noch stark in den elterlichen Haushalt und die dortigen Strukturen eingebunden ist.

Daheim gab es keine Konsequenzen…

Von einer Nachreifung ist auszugehen, so die Begründung des Urteils. Die Frage des Richters an den jungen Mann, ob er mit seinen Eltern über den Vorfall gesprochen habe, bejahte er und fügte hinzu: Konsequenzen gab es daheim keine.

Es sei „erzieherisch geboten, ihn anzuweisen, insgesamt 12 x 4 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Auf diese Weise ist ihm eindringlich zu Bewusstsein zu bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Weiterhin wurde ihm aufgegeben, einen Entschuldigungsbrief an den Polizeibeamten zu fertigen“, begründete der Richter seine Entscheidung.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 23.08.2016 – 1014 Ds 457 Js 183150/16

AG München, PM 91/16
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Unseriöses Inkassobüro – Was muss das erste Mahnschreiben enthalten?

Der Geschäftsführerin eines Inkassobüros wird vorgeworfen, dass ihre Mahnschreiben gegen die gesetzlich geregelten Informationspflichten nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen. Zum Beispiel fehlten die Darstellung des Sachverhalts und warum die angebliche Forderung besteht.

Der Sachverhalt

Nach mehreren Beschwerden von betroffenen Bürgern gegen Zahlungsaufforderungen des Inkassounternehmens erstattete das Amtsgericht München als zuständige Aufsichtsbehörde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, die ein Ermittlungsverfahren einleitete und einen Bußgeldbescheid gegen die Geschäftsführerin des Inkassounternehmens erließ.

In den Mahnschreiben fehlten die Darstellung des Sachverhalts, warum die angebliche Forderung besteht und die Angaben zu Art, Höhe und dem Grund der geforderten Inkassovergütung. Mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken traten am 01.11.2014 detaillierte Informations- und Darlegungspflichten für Inkassounternehmen in Kraft. Daneben wurden auch neue Bußgeldtatbestände eingeführt und der Bußgeldrahmen erhöht auf 50.000 Euro maximal.

Die Entscheidung

Die Geschäftsführerin hat die abgeurteilten 25 Verstöße eingeräumt. Der zuständige Richter des Amtsgericht München hat für jedes der 25 ungesetzlichen Mahnschreiben eine Geldbuße von 50 Euro verhängt. Neben der verhängten Geldbuße hat das Inkassounternehmen mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen zu rechnen, wie zum Beispiel die vorübergehende ganze oder teilweise Betriebsuntersagung, wenn es auch in Zukunft erheblich gegen die gesetzlichen Pflichten verstößt.

Was muss das erste Mahnschreiben (§ 11a Rechtsdienstleistungsgesetz) enthalten?

1. den Namen oder die Firma seines Auftraggebers,
2. den Forderungsgrund, bei Verträgen unter konkreter Darlegung des Vertragsgegenstands und des Datums des Vertragsschlusses,
3. wenn Zinsen geltend gemacht werden, eine Zinsberechnung unter Benennung der zu verzinsenden Forderung, des Zinssatzes und des Zeitraums, für den die Zinsen berechnet werden,
4. wenn ein Zinssatz über dem gesetzlichen Verzugszinssatz geltend gemacht wird, einen gesonderten Hinweis hierauf und die Angabe, aufgrund welcher Umstände der erhöhte Zinssatz gefordert wird,
5. wenn eine Inkassovergütung oder sonstige Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,
6. wenn mit der Inkassovergütung Umsatzsteuerbeträge geltend gemacht werden, eine Erklärung, dass der Auftraggeber diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

Auf Anfrage hat das Inkassounternehmen ergänzend mitzuteilen:

7. eine ladungsfähige Anschrift seines Auftraggebers, wenn nicht dargelegt wird, dass dadurch schutzwürdige Interessen des Auftraggebers beeinträchtigt werden,
8. den Namen oder die Firma desjenigen, in dessen Person die Forderung entstanden ist,
9. bei Verträgen die wesentlichen Umstände des Vertragsschlusses.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 31.10.2016 – 1123 OWi 231 Js 242208/15

AG München, PM 97/16
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Tragen von Warnwesten mit der Aufschrift „SHARIA POLICE“ – Strafbar?

Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Wuppertal hat kürzlich die Angeklagten der „Scharia-Polizei“ – sieben Männer im Alter von 25 bis 34 Jahren – freigesprochen, die bei einem Rundgang durch die Wuppertaler Innenstadt orangefarbene Warnwesten mit der rückseitigen Aufschrift „SHARIA POLICE“ getragen haben.

Zur Sache

Die Angeklagten nahmen am Abend des 3. September 2014 an einer öffentlichen Versammlung teil, indem sie einen gemeinsamen Rundgang durch die Wuppertaler Innenstadt machten. Einige der Angeklagten trugen bei diesem Rundgang orangefarbene Warnwesten mit der rückseitigen Aufschrift „SHARIA POLICE“.

Aus den Entscheidungsgründen

Die zuständige Strafkammer des Landgerichts Wuppertal hat hierin kein strafbares Verhalten, insbesondere keinen Verstoß gegen das Uniformverbot gesehen. Ihrer Ansicht nach stellen die Warnwesten keine gleichartigen Kleidungsstücke als Ausdruck gemeinsamer politischer Gesinnung dar, die Uniformen gleichen. Das Uniformverbot des § 3 Abs. 1 Versammlungsgesetz greife nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgesetzes nur, wenn die Kleidungsstücke Uniformen gleich sind und suggestiv-militante, einschüchternde Effekte auslösen.

Dies sei bei den Warnwesten nicht der Fall gewesen, da von ihnen keine bedrohliche oder ein schüchternde Wirkung ausgegangen sei. So habe ein Zeuge ausgesagt, er habe beim Anblick der Angeklagten gedacht, es würde ein Junggesellenabschied stattfinden.

Zudem hätten die Angeklagten – selbst wenn man die Warnwesten entsprechend als Uniformen gleichzusetzende Kleidungsstücke werten würde – jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt. Die Kammer konnte nicht feststellen, dass den Angeklagten bewusst war, dass das Tragen der Warnwesten verboten sei.

Selbst Polizeibeamte hätten nach Rücksprache mit dem Staatsschutz in dem Tragen der Warnwesten mit der Aufschrift „SHARIA POLICE“ zunächst kein strafbares Verhalten erkennen können und die Westen dementsprechend nicht beschlagnahmt. Daher könne man nicht annehmen, dass die Angeklagten damit rechnen mussten, sich durch das Tragen der Westen strafbar zu machen.

Gericht:
Landgericht Wuppertal vom 21.11.2016

LG Wuppertal, PM 18/2016
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Grillen aus juristischer Sicht – Kann ein Grillverein gemeinnützig sein?

Ein Verein zur Förderung und Pflege der Grillkultur beantragt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Dies lehnte das beklagte Finanzamt ab. Die Förderung des Grillens sei als Freizeitaktivität kein gemeinnütziger Zweck. Das Grillen sei mangels körperlicher Ertüchtigung auch kein Sport.

Der Sachverhalt

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit etwa 60 Mitgliedern, dessen Zweck im Wesentlichen die Förderung und Pflege der Grillkultur, der Kochkunst sowie der technischen Grillkultur ist. Außerdem nimmt die sportliche Abteilung des Vereins an regionalen, deutschen und internationalen Meisterschaften teil.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Stuttgart

Das Finanzgericht Stuttgart (Urteil, Az. 6 K 2803/15) entschied, der Kläger erfülle nach seiner Satzung nicht die Voraussetzungen für eine Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung. Der „Grillsport“ fördere nicht den Sport. Es fehle an einer körperlichen, über das ansonsten übliche Maß hinausgehenden Aktivität, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen gekennzeichnet sei, oder an einer durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung. Alleine die Teilnahme an Meisterschaften erfülle den Sportbegriff nicht.

Der Senat war davon überzeugt, dass der Erfolg des Grillens von Überlegungen abhänge, auf welche Weise und mit welcher Temperatur die Lebensmittel gegrillt werden. Außerdem stehe nach der Satzung die Veranstaltung geselliger Zusammenkünfte der Vereinsmitglieder im Vordergrund. Die private Freizeitgestaltung zum Zwecke der Erholung, so zum Beispiel eine gesellige Zusammenkunft, diene nicht der Förderung der Allgemeinheit.

Der Vorsitzende des Klägers habe ausgeführt, die Mitglieder träfen sich regelmäßig. Hierbei würden Anregungen aufgegriffen, inwieweit Grilltechniken verfeinert und Speisen anders zubereitet werden könnten. Hieraus schloss der Senat, die Geselligkeit solle gefördert werden. Die gemeinsame Nahrungszubereitung sei nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung. Die Förderung der Kochkunst und der Grillkultur diene nicht der Förderung von Kunst und Kultur. Die Grillgerichte seien nicht das Ergebnis einer persönlichen, besonderen schöpferischen Gestaltung der Mitglieder des Klägers. Die Grillkultur, insbesondere durch Neu- und Nachbau von historischen Grillgeräten, stelle keine Kunst dar.

Sie zähle nicht zu den geistigen und künstlerischen Ausdrucksformen eines Volkes. Sie fördere damit auch nicht das traditionelle Brauchtum. Fehle dem Grillen der Charakter als Teil der geschichtlichen oder kulturellen Tradition diene der „Grillsport“ auch nicht der Heimatpflege oder der Heimatkunde. Es gehe auch nicht um eine Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Es werde nicht die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebot selbstlos gefördert. Denn dem Kläger gehe es jedenfalls auch um gesellige Veranstaltungen. Jedenfalls insoweit verfolge er keinen steuerbegünstigten Zweck und verstoße gegen das Gebot der Ausschließlichkeit.

Gericht:
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07.06.2016 – 6 K 2803/15

FG Stuttgart
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