OLG Frankfurt: Verwendung von Sparguthaben der Kinder durch die Eltern

Nach Trennung der Eltern hob die Mutter vom Sparbuch des gemeinsamen Kindes den vollen Betrag ab, um für die neue Wohnung Einrichtungsgegenstände, wie ein Kinderbett nebst Lattenrost, Kindersitz und Kinderschreibtisch u.v.m zu kaufen. Das Kind, vertreten durch den Vater, verlangt die komplette Summe zurück.

Der Sachverhalt

Der Antragsteller ist das minderjährige 7-jährige Kind, welches gesetzlich durch seinen Vater vertreten wird. Der Vater hat inzwischen das alleinige Sorgerecht. Im Jahre 2008 wurde für das Kind von seinen Großeltern väterlicherseits ein Sparbuch mit 1000 Euro auf den Namen des Kindes angelegt.

Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 erfolgte eine weitere Einzahlung in Höhe von 1.350 €, die vom Vater des Kindes veranlasst wurde und als Verwendungszweck „Geburts- und Taufgeld“ ausweist.

Nach Trennung der Eltern nahm die Kindesmutter bei ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung das Sparbuch mit und hob den vollen Betrag ab. Sie behauptet, sie habe bei Auszug aus der früheren gemeinsamen Wohnung für das Kind mit dem Geld Gegenstände angeschafft. Hierbei habe es sich um ein Kinderbett nebst Lattenrost, eine hochwertige Matratze, ein Kleiderschrank, ein Kinderschreibtisch, Wandregale, Sitzhocker, ein Spielteppich, Renovierungsmaterial für das Kinderzimmer, ein Autokindersitz, Ober- und Unterbekleidung, Schuhe, Socken etc. und eine Grundausstattung Spielzeug gehandelt. Der Antragsteller verlangt den vollen Betrag zurück.

Die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 5 UF 53/15)

Eltern handeln regelmäßig widerrechtlich, wenn sie Sparguthaben ihrer minderjährigen Kinder für Unterhaltszwecke verwenden, so das Oberlandesgericht in seinem Beschluss (5 UF 53/15). Sie sind gegebenenfalls gemäß § 1664 BGB verpflichtet, die verwendeten Gelder an die Kinder zurückzuzahlen.

Die Großeltern haben das Sparbuch nicht behalten, sondern es in den Verfügungsbereich des Kindes kommen lassen. Weitere Einzahlungen auf dem Sparbuch wurden auch nicht mehr von den Großeltern getätigt, sondern vom Kindesvater mit dem Vermerk „Geburts- und Taufgeld“. Bei derartigen auf den Sparkonten befindlichen Beträgen handelt es sich von vorneherein nicht um eigenes Geld der Einzahler oder der Kindeseltern, sondern es spricht die Annahme für einen Vertrag zu Gunsten Dritter, also des Kindes.

Mutter muss entnommene Gelder erstatten

Die Antragsgegnerin, die das Sparguthaben in vollem Umfang abgehoben und verbraucht hat, ist gemäß § 1664 BGB verpflichtet, die dem Sparkonto entnommenen Gelder im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht zu erstatten. Es handelt sich bei der Abhebung des Guthabenbetrages vom Konto des Antragstellers um ein pflichtwidriges Verhalten der zum damaligen Zeitpunkt allein sorgeberechtigten Kindesmutter.

Einrichtungs- und Bekleidungsgegenstände müssen aus eigenen Mitteln bezahlt werden

Es kann hier dahinstehen, ob sie tatsächlich die behaupteten Gegenstände von der abgehobenen Summe des Sparguthabens gezahlt hat. Die Ausstattung des Kindes mit Einrichtungs- und Bekleidungsgegenständen haben die Kindeseltern aus eigenen Mitteln im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu bestreiten, Kindesvermögen darf hierzu nicht herangezogen werden (vgl. § 1602 Abs. 2 BGB).

Bei Notwendigkeit der Anschaffung muss Sonderbedarf geltend gemacht werden

Unterstellt, dass tatsächlich die Notwendigkeit für die Anschaffung bestanden hat, wäre die Kindesmutter gehalten gewesen, Sonderbedarf gegenüber dem Kindesvater geltend zu machen oder hätte den Sozialhilfeträger um Unterstützung bitten müssen.

Gericht:
Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 28.05.2015 – 5 UF 53/15

OLG Frankfurt
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Kindeswohl: Anforderungen an gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern

Nach Beschluss des OLG Hamm widerspricht eine gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern dann dem Kindeswohl, wenn es bei den Kindeseltern gänzlich an einer Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit fehlt und voraussichtlich auch mit professioneller Hilfe keine Aussicht auf Besserung besteht.

Der Sachverhalt

Nach der Trennung beantragte der Kindesvater beim zuständigen Familiengericht des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer, beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind einzuräumen. Der Antrag blieb in erster Instanz erfolglos.

Auf die Beschwerde des Kindesvaters hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm die erstinstanzliche Entscheidung des Familiengerichts bestätigt.

Senat präzisiert die Anforderungen an eine gemäß § 1626a BGB zu treffende Sorgerechtsentscheidung

Nach der gesetzlichen Regelung stehe die elterliche Sorge für das Kind zunächst allein der Kindesmutter zu (§ 1626a Abs. 3 BGB). Auf Antrag eines Elternteils übertrage das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspreche (§ 1626a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB). Letzteres werde vom Gesetz vermutet, soweit der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vortrage (§ 1626a Abs. 2 S. 2 BGB).

Mit dieser seit Mai 2013 geltenden Fassung formuliere das Gesetz eine „negative“ Kindeswohlprüfung für die Anordnung einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern. Es setze voraus, dass auch eine erstmalige Einrichtung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht widerspreche. Das erfordere eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen sowie ihre grundsätzliche Fähigkeit zum Konsens. Demgegenüber habe die Alleinsorge der Kindesmutter bestehen zu bleiben, wenn – über eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der elterlichen Kommunikation hinausgehend – die Kindeseltern keine das Kind betreffenden, gemeinsamen Entscheidungen finden könnten und das Kind durch eine gemeinsame elterliche Sorge erheblich belastet würde.

Die Entscheidung für eine gemeinsame elterliche Sorge sei eine Prognoseentscheidung, da die gemeinsame Sorge bis zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Anordnung noch nicht bestanden habe und in Fällen, in denen die Kindeseltern nicht zusammengelebt hätten, auch faktisch noch nicht ausgeübt worden sein müsse. Entsprechende Erfahrungswerte stünden dann nicht zur Verfügung. Deswegen dürften die Zugangsvoraussetzungen zu einer gemeinsamen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden. Es lasse sich möglicherweise nicht immer sicher prognostizieren, dass zwischen Eltern jegliche tragfähige soziale Beziehung fehle und ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht erzielbar sei, sodass es hinzunehmen sein könne, dass ggf. erst nach einer Phase der „Erprobung“ festzustellen sei, ob die erstmals angeordnete gemeinsame elterliche Sorge tatsächlich funktioniere.

Keine Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zwischen den Eltern

Allerdings sei die Grenze da zu ziehen und die alleinige Sorge der Kindesmutter vorzuziehen, wo es gänzlich an einer Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und/oder der entsprechenden Bereitschaft der Kindeseltern fehle und voraussichtlich auch mit professioneller Hilfe keine Aussicht auf Besserung bestehe. In diesem Fall sei davon auszugehen, dass bereits eine Phase des Erprobens der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl schade.

Gemessen an den vorstehenden Kriterien komme die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge im zu entscheidenden Fall nicht in Betracht. Der Senat habe ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten eingeholt und die Beteiligten persönlich angehört. Hieraus habe sich ergeben, dass die Kindeseltern bis heute – 3 Jahre nach ihrer endgültigen räumlichen Trennung – hoch zerstritten seien. Beiden fehle die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zu einem Aufeinanderzugehen, bei dem eine dem Kindeswohl nicht widersprechende zukünftige Ausübung einer gemeinsamen elterlichen Sorge zu erwarten sei. Die Anordnung einer gemeinsamen Aufenthaltsregelung scheide ebenfalls aus. Beiden Kindeseltern fehle bereits ein verbindliches Einvernehmen im Bezug auf den Alltagsaufenthalt des Kindes. Einem Modell mit häufiger wechselnden Aufenthaltsorten des Kindes stehe zudem die Entfernung der Wohnorte der Kindeseltern entgegen.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 24.05.2016 – 3 UF 139/15

OLG Hamm
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Neue Düsseldorfer Tabelle ab 01.01.2016

Neue Düsseldorfer Tabelle 2016 – Die Erhöhung der Bedarfssätze unterhaltsberechtigter Kinder, die zuletzt zum 1. August 2015 geändert worden sind, beruht auf der Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612a BGB (Mindestunterhaltsverordnung).

Düsseldorfer Tabelle 2016

Der Unterhalt nach der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entspricht dem in der Mindestunterhaltsverordnung festgesetzten Mindestunterhalt. Die Unterhaltssätze der höheren Einkommensgruppen bauen hierauf auf.

Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder beträgt ab dem 1. Januar 2016 nach § 1 der Mindestunterhaltsverordnung bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (1. Altersstufe) 335,00 € statt bisher 328,00 €, für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (2. Altersstufe) 384,00 € statt bisher 376,00 € und für die Zeit vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit (3. Altersstufe) 450,00 € statt bisher 440,00 € monatlich.

Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. Das Kindergeld beträgt ab dem 1. Januar 2016 für ein erstes und zweites Kind 190,00 €, für ein drittes Kind 196,00 € und für das vierte und jedes weitere Kind 221,00 €. Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Der sich dann ergebende Zahlbetrag ist aus den Tabellen im Anhang der „Düsseldorfer Tabelle 2016“ ablesbar.

Zum 1. Januar 2016 wird auch der Bedarfssatz eines studierenden volljährigen Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, angehoben. Er beträgt ab dem 1. Januar 2016 735,00 €, darin enthalten ist ein Wohnkostenanteil von 300,00 €. Der bisherige Bedarfssatz von 670,00 € war seit dem 1. Januar 2011 unverändert und bedurfte der Anpassung. Der Betrag von 735,00 € orientiert sich an dem Höchstsatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, der im Herbst 2016 gleichfalls auf 735,00 € steigen soll.

Ab dem 1. Januar 2017 steigt der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1 der Mindestunterhaltsverordnung in der ersten Altersstufe auf 342,00 €, in der zweiten Altersstufe auf 393,00 € und in der dritten Altersstufe auf 460,00 €. Dies wird zu einer erneuten Änderung der „Düsseldorfer Tabelle“ führen.

Hintergrund der Mindestunterhaltsverordnung

Der Mindestunterhalt wurde durch die Unterhaltsreform vom 1. Januar 2008 als zentrale Bezugsgröße für den Unterhalt minderjähriger Kinder geschaffen. Er richtet sich bis zum 31. Dezember 2015 nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der seinerseits an dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder ausgerichtet ist. Diese Anknüpfung an den steuerlichen Kinderfreibetrag ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20. November 2015 aufgehoben worden. Nunmehr richtet sich der Mindestunterhalt unmittelbar nach dem Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Der konkrete Betrag des Mindestunterhalts wird erstmals zum 1. Januar 2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung festgelegt.

Hier finden Sie die Düsseldorfer Tabelle 2016 Stand: 01.01.2016 im pdf-Format auf der Seite des OLG Düsseldorf.

OLG Düsseldorf
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Trennungsunterhalt: Ex-Frau zieht beim neuen Freund ein

ie Ex-Frau ist in den Haushalt ihres neuen Partners eingezogen, mit dem sie bereits seit einem Jahr liiert ist. Beide sind zuvor auch nach außen als Paar aufgetreten, verbrachten gemeinsam ihre Urlaube und nahmen gemeinsam an Familienfeiern teil. Der kleine Sohn nennt den neuen Partner „Papa“. Muss man weiterhin Trennungsunterhalt an die Ex-Frau zahlen?

Hintergrundinformation

Nach der Trennung steht einem bedürftigen Ehepartner grundsätzlich Trennungsunterhalt zu. Die Rechtsprechung geht meist davon aus, dass eine neue Lebensgemeinschaft nicht vor Ablauf von zwei Jahren als „verfestigt“ gilt. Dies kann sich aber ändern, wenn sich der Bedürftige dauerhaft einem neuen Partner zuwendet.

„Grob unbillig“ nennt das Gesetz die Verpflichtung zur Fortzahlung von Unterhalt, wenn der Bedürftige in einer neuen, verfestigten Gemeinschaft lebt (§ 1579 Nr. 2 BGB). Der Unterhaltsanspruch entfällt.

Aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg

Der 4. Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg (Az. 4 UF 78/16) hat entschieden, dass dies auch schon früher der Fall sein kann. Er hat dem Antrag eines Ehemannes stattgegeben, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Im vorliegenden Fall, bei dem die Ehefrau in den Haushalt ihres neuen Partners eingezogen ist und aufgrund der weiteren Konstellation, könne auch bereits nach einem Jahr von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden.

Der bedürftige Ehepartner habe sich endgültig aus der ehelichen Solidarität gelöst und damit zu erkennen gegeben, dass er diese nicht mehr benötigt. Eine weitere Unterhaltsverpflichtung des ehemaligen Partners sei vor diesem Hintergrund nicht zumutbar. Auf einen entsprechenden Hinweisbeschluss des Senats hat die Ehefrau ihre Beschwerde gegen die Entscheidung erster Instanz zurückgenommen.

Gericht:
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 16.11.2016 – 4 UF 78/16

OLG Oldenburg, PM
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